Chemical Landmark 2017
Der Falkensteinerhof am Basler Münsterplatz
ausgezeichnet als «Chemical Landmark» am 16. 11. 2017.
Die neunte Auszeichnung einer «Historischen Stätte der Chemie» geht an das erste chemische Laboratorium der Universität Basel. Nach der Einführung des Universitätsgesetzes 1818 wurde der Universität ab 1821 der Falkensteinerhof zur Verfügung gestellt für die naturwissenschaftliche Sammlung und damit auch für das chemische Laboratorium.
Peter Merian berief 1828 den Deutschen Christian Friedrich Schönbein als seine Vertretung. Schönbein forschte unermüdlich und dominierte schliesslich die Publikationsreihe der Naturforschenden Gesellschaft in Basel mit seinen Beiträgen.
Er wurde zu einem der bedeutendsten Chemiker Mitte des 19. Jahrhunderts und stand in regelmässigem Briefkontakt mit Berzelius, Liebig, Faraday und anderen.
Brennstoffzellen
Schönbein entdeckte 1839 das Prinzip der Brennstoffzelle. Sein britischer Freund und Kollege William Grove entwickelte daraus 1842 die erste Brennstoffzelle mit kontinuierlicher Gaszufuhr als Stromquelle. Heute sind Brennstoffzellen einer der Hoffnungsträger für eine umweltfreundliche Mobilität.
Grossartige Wissenschaft trotz bescheidener Infrastruktur
Im Laboratorium, welches in einer Waschküche des Falkensteinerhofs eingerichtet worden war, entdeckte Schönbein 1839 das Ozon, welches als der «elektrische Geruch» vorgestellt wurde, da es an Elektroden in Luft entsteht. Er begnügte sich nicht mit der Entdeckung sondern beschäftigte sich während seiner ganzen Wissenschaftskarriere mit Ozon. Er untersuchte seine Eigenschaften und Reaktionen, so gelang ihm eine nicht-elektrochemische Synthese. Erst in den 1850ern akzeptierte er, dass Ozon eine allotrope Form von Sauerstoff ist, bzw. dass er selbst der erste war, der Allotropie in Gasphase entdeckte. Mit grossem Weitblick schrieb er 1853 an Justus von Liebig er sei «Geneigt zu glauben, das atmosphärische Ozon spiele im Haushalte der Erde eine wichtige Rolle». Schönbein entwickelte ein chemisches Ozonmeter und ermutigte seine europäischen Kollegen zu zeitlich und geographisch weitläufigen Messreihen.
Schönbein entdeckte 1845 Zellulosenitrat, auch «Schiesswolle» genannt. Da er nur das Produkt publizierte aber nicht dessen Synthese, fand auch R. von Böttger eine Synthese und «legte Schönbein nahe», das Produkt gemeinsam zu vermarkten. Die Vermarktung zu ihren Lebzeiten scheiterte daran, dass Zellulosenitrat zu explosiv und zu wenig stabil war. Schönbein empfahl seinem Medizinerkollegen Jung, die Ether-Lösung (genannt Collodium oder Klebäther) als flüssiges Pflaster einzusetzen, was gut gelang. Noch heute sind Sprühpflaster auf Zellulosenitratbasis erhältlich. Collodium wurde von Alexander Parkes als Basis für den ersten Kunststoff «Parkesine» verwendet, welches zu Celluloid verfeinert wurde. Bis in die 1950er Jahre wurde Celluloid als Filmträger eingesetzt, bis in die 2010er Jahre als Tischtennisbälle. Auch als Klebstoff (z.B. «Uhu hart») und für zahlreiche andere Anwendungen wie «Western Blots», ist Zellulosenitrat noch heute im Gebrauch.
Auch in der Geschichte der Chromatographie und der Katalyseforschung wird auf Schönbeins Arbeiten verwiesen. Schönbein wollte den Dingen auf den Grund gehen, er hinterfragte die Mechanismen und suchte die Natur zu verstehen.
Impressionen von der Feier:
Die «Platform Chemistry» dankt der Firma UHU GmbH & Co. KG für das Produktsponsoring am Festakt.